Vermittlungsausschuss naht – Krankenhausreform – Kommt sie oder kommt sie nicht?

Das größte Projekt von Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) hängt am seidenen Faden. Der 22. November kann als Schicksalstag in die Annalen eingehen und wird zeigen, ob das KHVVG noch eine Chance hat oder begraben wird. Ein Stimmungsbild.

Das Ampel-Aus in der vergangenen Woche hat auch fĂĽr Bundesgesundheitsminister Lauterbach Auswirkungen, die er so nicht kommen sehen hat. Sein umstrittenes Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) steht auf der Kippe, obwohl es schon vom Bundestag beschlossen wurde. Die Gemengelage war bereits vor dem Koalitionsbruch heterogen. Dass der Vermittlungsausschuss seitens des Bundesrats angerufen wird, ist weiter durchaus wahrscheinlich. Lauterbachs Position hat sich durch das abrupte Koalitionsende jedoch nicht gebessert.

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) bringt die Stimmung auf den Punkt: „Viele Länder sehen im Vermittlungsausschuss die Chance, doch noch wichtige Änderungen in das Reformgesetz einzubringen, die die Bundesregierung bislang ignoriert hat. Der Vermittlungsausschuss soll die Reform nicht verhindern, er soll sie besser machen.“

Vermittlungsausschuss: DolchstoĂź fĂĽr die Reform?

Ist die Reform noch zu retten – gerade, wenn der Vermittlungsausschuss angerufen wird? Diese Frage treibt einige Länder nach dem Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition um und schürt die Angst, dass die Anrufung des Ausschusses die Reform verhindern werde. Warum? Weil die Zeit für die Änderungen nicht ausreichend erscheint, um vor den vorgezogenen Neuwahlen zum Abschluss zu kommen. Das wäre wahrscheinlich das Aus für das Großprojekt Krankenhausreform. Für einige Bundesländer könnte dieser Aspekt entscheidend bei der Abstimmung sein – ebenso wie das Auswirkungsanalysetool, das seit Ende Oktober vorliegt.

In der Diskussion um die Zukunft des KHVVG auf dem Deutschen Krankenhaustag vertrat Bremens Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Claudia Bernhard (Die Linke), am 11. November diese Position. Sie machte klar, dass der Stadtstaat am 22. November gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses stimmen werde, weil sie Stillstand vermeiden wolle: „Die Zeit läuft uns davon. Lasst uns diesen zweiten Schritt tun“, forderte sie ihre Kolleginnen und Kollegen auf. Sie erklärte, dass sie die Chance darin sehe, in den Rechtsverordnungen im Nachgang erforderliche Regelungen vorzunehmen.

Sie können nicht einen falschen Gesetzestext über eine Verordnung retten. 

Dem widersprach NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU): „Die sechs von den Ländern monierten Punkte kann ich nicht über Verordnungen retten. Da muss ich schlicht und ergreifend an den Gesetzestext. Sie können nicht einen falschen Gesetzestext über eine Verordnung retten.“ Er könne zwar Bundesländer verstehen, denen der Weg mit dem Vermittlungsausschuss zu riskant sei. „So ein Verfahren in so einer politischen Situation habe ich auch noch nicht mitgemacht“, räumte er ein. „Aber ich sehe es so, dass die derzeitige politische Situation eher den Ländern in die Karten spielt, Grundlegendes an dem Gesetz zu ändern, weil der Kollege Lauterbach keine Kanzlermehrheit mehr hat. Wenn er das Gesetz haben will, muss er sich mit uns einigen“, führte er seinen Gedankengang aus. Er verwies in dieser Diskussion einmal mehr darauf, dass theoretisch die Arbeit rund um die Änderungen sehr überschaubar sei und „in einem halben Tag“ erledigt werden könnte. Wo ein politischer Wille ist, ist auch ein Weg – zumindest, wenn die Länder und der Bund konstruktiv zusammenarbeiten.

Laumann positionierte sich jüngst zwar klar für die Reform, gab jedoch – wie viele seiner Länderkollegen – auch zu bedenken, dass nachgebessert werden müsse, „um folgenschwere Schwachstellen für die Gesundheitsversorgung zu heben“. Daher hat er auf dem Deutschen Krankenhaustag erneut empfohlen, „gemeinsam in der Sache zu einem Ergebnis zu kommen“ und den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Ob die Arbeit im Vermittlungsausschuss dann wirklich so zügig von statten gehen kann, wie Laumann antizipiert, bleibt abzuwarten. Die Gräben zwischen Bund und Ländern waren in der Vergangenheit doch ziemlich tief. Lauterbach hatte immer wieder betont, dass er nicht noch mehr auf die Länderinteressen eingehen werde.

Appelle an Lauterbach von allen Seiten

Auch wenn Lauterbach sich vergangene Woche auf dem Deutschen Pflegetag wie gewohnt optimistisch gegeben hat, dass die Krankenhausreform kommen werde, sind die Wogen längst noch nicht geglättet. Fakt ist: Sollte sich die Arbeit im Vermittlungsausschuss hinziehen, wächst das Risiko, dass der Umbau der dringend benötigten deutschen Krankenhauslandschaft ins Stocken gerät und gegebenenfalls vorerst aufgegeben wird. Wird das KHVVG jetzt zum Spielball im Wahlkampf, der bereits begonnen hat? Einzelne Akteure positionieren sich zumindest.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat sich auf dem Deutschen Krankenhausgipfel in Stellung gebracht und einmal mehr für die Anrufung des Vermittlungsausschusses votiert. „Wir haben immer klargestellt, dass wir eine Reform brauchen. Vor dem Hintergrund des jetzt vorliegenden Gesetzentwurfs müssen wir aber auch sagen, dass besser keine Reform als diese kommt, wenn sie nicht nachgebessert wird. Nach der jetzigen Zeitplanung gibt es ein ausreichendes Zeitfenster zwischen der Vertrauensfrage im Dezember und der Neuwahl Ende Februar, um ein Vermittlungsergebnis zu erzielen und gemeinsam mit der Union im Bundestag zu beschließen. Voraussetzung ist aber Kompromissbereitschaft. Bewegt haben sich in der Vergangenheit vor allem die Länder, jetzt wäre endlich auch der Bund gefragt, auf die Länder zuzugehen.“ 

Besser keine Reform als diese, wenn sie nicht nachgebessert wird. 

Ähnlich äußerte sich der Klinikverbund Hessen jüngst und sieht nun den Bundesgesundheitsminister in der Pflicht: „Es wäre dafür (Anmerkung der Redaktion: für die schnelle Bearbeitung im Vermittlungsausschuss) lediglich ein gewisses konstruktives Maß des noch übergangsweise im Amt befindlichen Bundesgesundheitsministers erforderlich, damit eine zukünftige Regierung dann nicht nur noch die Aufgabe hat, den Scherbenhaufen zusammenzukehren“, betonte Achim Neyer, Vorstandsvorsitzender des Klinikverbundes.

Reinhard Schaffert, Geschäftsführer des Verbundes, verwies auf Alternativen, selbst wenn der Vermittlungsausschuss nicht rechtzeitig zum Abschluss käme. Er rief die Länder auf, „ohne Vorgaben des Bundes ihre Krankenhausstrukturen aus eigener Hand für die Zukunft aufzustellen und zu reformieren“. Denn: Eine wesentliche Kritik der Länder sei in der Vergangenheit gewesen, dass der Bund zu sehr in die Krankenhausplanung der Länder eingreife. „Die Länder sind in der Lage und haben die rechtlichen Möglichkeiten, zumindest das Kernelement der Reform – die Krankenhausplanung über Leistungsgruppen – selbst umzusetzen“, erklärte er. „Wir können in Hessen die Krankenhausplanung auch ohne das KHVVG nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens umstellen.“ 

Wir können in Hessen die Krankenhausplanung auch ohne das KHVVG nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens umstellen. 

Knappe Abstimmung erwartet

Ein Ergebnis im Bundesrat zu prognostizieren, ist schwierig. Zur Einberufung des Vermittlungsausschusses sind mindestens 35 Stimmen der insgesamt 69 Länderstimmen notwendig. Laut einer Abfrage des Deutschen Ärzteblattes stehen jedoch bereits 30 Stimmen für die Anrufung des Vermittlungsausschusses fest: Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen sollen demnach für diesen Schritt sein.

Niedersachsen Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi (SPD) machte vergangene Woche noch einmal klar, dass er seine Kolleginnen und Kollegen im Landtag fachlich fundiert in die Bundesratssitzung kommende Woche entsenden werde, damit sie „verantwortungsvoll abwägen und die für Niedersachsen beste Entscheidung fällen“ können. Er hat in der Vergangenheit keinen Hehl daraus gemacht, dass er für die Anrufung des Vermittlungsausschusses ist.

Gerlach warb anlässlich des Deutschen Krankenhaustages diese Woche – genauso wie NRW – erneut klar für die Anrufung des Vermittlungsausschusses. „Unabhängig vom Zeitpunkt der Bundestags-Neuwahlen ist es wichtig, dass der Gesetzentwurf der jetzigen Bundesregierung verbessert wird – im Sinne der Patientinnen und Patienten. Deswegen setzt Bayern sich dafür ein, dass der Bundesrat am 22. November den Vermittlungsausschuss anruft. Denn die aktuelle Fassung der Krankenhausreform ist leider nicht zu Ende gedacht und nimmt vor allem die Flächenländer nicht ausreichend mit“, erklärte sie.

Hessens Gesundheitsministerin Diana Stolz (CDU) hat sich mittlerweile ebenfalls klar zur Einberufung des Vermittlungsausschusses positioniert. Auf dem Hessischen Krankenhaustag verkündete sie, dass das Auswirkungsanalyse-Tool für sie keine belastbare Analyse bringe und sie daher der Landesregierung empfehle, für die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu voten. Damit würde Hessen zum Zünglein an der Waage. Mit den hessischen fünf Stimmen im Bundesrat, gäbe es die benötigten 35 Stimmen, um den Vermittlungsausschuss einzuberufen.

Es ist und bleibt knapp, einige Bundesländer haben im Vorfeld durchaus die Verbesserungen in der finalen Version des KHVVG anerkannt, mit denen das BMG auf einige wichtige Forderungen der Bundesländer reagiert hatte. Das Saarland hat sich daher in der Vergangenheit offen dafür ausgesprochen, die Reform im Bundesrat durchzuwinken. Bremens Gesundheitssenatorin Bernhard vertrat auf dem Deutschen Krankenhausgipfel ebenfalls ganz klar die Meinung, dass das Gesetz sicherlich nicht perfekt sei, aber dennoch habe sie lieber die Katze im Sack als die Taube auf dem Dach. Bremen werde daher gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses stimmen.

Stefanie Drese (SPD) hob in der Diskussion um die Anrufung des Ausschusses darauf ab, dass sie die erhöhten Sicherstellungszuschläge für kleine Kliniken im ländlichen Bereich sowie den flächendeckenden Erhalt der Notfallversorgung als Erfolg sieht. Die ostdeutsche Gesundheitsministerin plädierte – ähnlich wie ihre Kollegin Bernhard – dafür, das Gesamtpaket zu sehen: Und das sei unstrittig dringend notwendig. Drese bezweifelte stark, dass das KHVVG-Paket in ein paar Monaten so noch Bestand haben würde. Dies verleitet zu der Annahme, Mecklenburg-Vorpommern auf die Liste derer zu setzen, die nicht für die Anrufung des Vermittlungsausschusses votieren werden.

Rheinland-Pfalz und Sachsen waren zuletzt eher der Fraktion zuzuordnen, die gegen den Weg in den Vermittlungsausschuss stimmen werden. Weiterhin unklar ist das Abstimmungsverhalten von Berlin und Brandenburg, das sich trotz Nachfrage von kma vor der Abstimmung nicht äußern wollte. Es bleibt daher spannend, wie der Bundesrat kommenden Freitag entscheidet.

Quelle: Alexandra Heeser (Freie Journalistin) 2024 Thieme

 

Ein Klinikum soll so zugänglich sein wie möglich. Diesen Umstand machten sich mehrere Diebe in München jetzt zu Nutze und entwendeten teure medizinische Geräte aus einem Krankenhaus.

Vermutlich über die Notaufnahme verschafften sich zwischen dem 20. und 21 Juli Personen Zugang zum Harlachinger Krankenhaus in München. Die Unbekannten stahlen dabei medizinische Geräte im Wert von rund 400 000 Euro.

Die Polizei geht nach ersten Erkenntnissen davon aus, dass die Täter die Klinik durch die Notaufnahme betraten und von dort in die Untersuchungsräume weiterzogen. Dort nahmen sie den Angaben zufolge unter anderem endoskopische Geräte mit.

Wie es ihnen gelang, diese unbemerkt aus dem Krankenhaus zu befördern, war am 24. Juli zunächst unklar. Die Polizei ermittelt. 

Quelle: dpa/hnle