Koalitionsende – Ampel-Aus – Katastrophe für geplante Gesundheitsgesetze?

Nach dem Bruch der Ampel-Koalition steht die Frage im Raum: Wie geht es mit der Gesundheits- und Pflegegesetzgebung weiter? Auf dem Deutschen Pflegetag steht das Pflegekompetenzgesetz im Fokus. Aber auch das KHVVG ist noch nicht in trockenen Tüchern.

Auch wenn sich Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) auf dem gestrigen Deutschen Pflegetag betont zuversichtlich gab und betonte, wie wichtig die derzeitigen Gesetzgebungsverfahren – vor allem in der Pflege – sind, existieren noch viele Fragezeichen nach dem Bruch der Ampelkoalition.

Es lag schon ein Hauch Wahlkampfstimmung in der Luft. Die vergangenen 24 Stunden haben auch bei Lauterbach sichtlich Spuren hinterlassen. Dennoch wirkte der Minister beinahe ungewohnt gelöst. Er sprach sich klar für die Übertragung der Heilkunde und den Aufbau einer eigenen Pflegewissenschaft aus. Standing Ovations bekam er von den Pflegekräften, als er einmal mehr verlautbaren ließ: „Die Pflege kann mehr in Deutschland als sie darf.“ Dennoch täuschte der Applaus nicht darüber hinweg, dass diese Tatsachen allen Anwesenden mehr als bekannt sind. Auch wenn er sich optimistisch gab, „dass wir hier an diesen wichtigen Baustellen weiterkommen werden“, wird es schwer, in der jetzigen Legislatur unter den gegebenen Umständen noch Gesetze zu verabschieden.

DPR-Präsidentin Christine Vogler betonte daher zwar die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Lauterbach, den sie als „mutigen Gesundheitsminister“ beschrieb, hat jedoch Zweifel, dass das Pflegeassistenzgesetz, das Pflegekompetenzgesetz (PKG) und das Advanced Nursing Practice (APN)-Gesetz nun noch kommen.

Koalitionsbruch: Katastrophe für die Pflege

Vogler betonte bei der Pressekonferenz anlässlich der Eröffnung des Deutschen Pflegetages, dass die „Sicherung der Gesundheitsversorgung in Deutschland unmittelbar mit der Profession Pflege verbunden“ ist. Sie bedauerte, dass in der Aufzählung von unaufschiebbaren Gesetzesvorhaben von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Pflege nicht dabei war. „Die Kompetenzneuordnung und -verteilung innerhalb der Heilberufe gehört dazu. Das Pflegekompetenzgesetz muss noch in dieser Legislatur in die parlamentarische Beratung“, forderte sie. Sie zeigte den Weg auf, die Handlungskompetenz an ein bereits weiter im Prozess fortgeschrittenes Gesetz anzudocken, damit „wir nicht in eine verheerende Sackgasse geraten und eine Versorgungskrise riskieren“. Allerdings weiß Vogler, dass die Chance dafür nicht besonders groß ist. Alternativ forderte sie, dass die „neue Regierung die Vorarbeit bezüglich der Pflegegesetze aufnimmt und diese Gesetze – ohne sie neu groß zu hinterfragen und zu diskutieren – verabschiedet: Die Referentenentwürfe sind da, die sind monatelang abgestimmt und ausgearbeitet worden. Rein ins Kabinett in die Abstimmung und dann ab in den Bundestag!“ 

Wir dürfen nicht in eine verheerende Sackgasse geraten und eine Versorgungskrise riskieren.

 

Sie kritisierte auch, dass das Thema Pflegekompetenz im Rahmen des KHVVG keine Aufnahme gefunden hatte und die Profession Pflege nicht umfänglich aufgegriffen wurde. „Wäre auch hier die Handlungsautonomie schon verankert worden, wären wir schon weiter. Wir haben gehofft – und darauf war ja auch die gesamte Gesetzgebung des BMG ausgelegt, dass wenn das Pflegekompetenzgesetz und das APN-Gesetz kommt, die Handlungskompetenz über diesen Weg wieder in die Krankenhäuser einfließt. Wenn man die Gesetze nebeneinanderlegt, sieht man ja auch Lauterbachs Vision. Das ist aber auch jetzt das Problem: Kommt eines nicht, kommen die anderen Änderungen auch nicht“, erklärte Vogler im persönlichen Gespräch mit kma.

Sie fordert eine Master Chief Nurse – unabhängig von politischen Koalitionen, die die Profession vertritt und vernetzenden Charakter in alle Bereiche hinein hat. Zudem hofft sie, dass der Bundesgesetzgeber endlich von seinem Recht Gebrauch macht, Aufgaben an „eine Organisation seiner Wahl“ zu übertragen.

KHVVG am seidenen Faden

Im Gegensatz zu den Pflegegesetzen, die noch in der Pipeline liegen, sind das KHVVG und die Notfallreform schon recht weit fortgeschritten. Das KHVVG hat – im Gegensatz zum PKG – bereits die erste Hürde gemeistert und wird am 22. November 2024 im Bundesrat diskutiert. Lauterbach gab sich zuversichtlich: „Die Krankenhausreform – sie wird und sie muss kommen“, sagte der SPD-Minister auf dem Deutschen Pflegetag. „Diese Reform werden wir nicht scheitern lassen und werden sie im Bundesrat durchsetzen.“ Dennoch: Das Abstimmungsergebnis in der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) am 6. November 2024 bezüglich der Anrufung des Vermittlungsausschusses zeigt, dass es knapp werden könnte.

Hessen scheint, das Zünglein an der Waage zu werden. Sollte sich das CDU-SPD-geführte Bundesland – wie am Mittwoch in der GMK simuliert – für die Anrufung des Vermittlungsausschusses aussprechen, wäre eine Mehrheit von 39 Stimmen erreicht. Die einfache Mehrheit (35 Stimmen) würde genügen.

Für Lauterbach gilt nun – noch mehr als vor dem Bruch der Koalition – den Vermittlungsausschuss zu vermeiden. Sonst ist die Gefahr groß, dass auch diese Reform nicht mehr in dieser Legislaturperiode zu einem guten Ende gebracht werden kann.

Kaum verwunderlich also, dass Lauterbach in seiner Eröffnungsrede auf dem Deutschen Pflegetag das drohende Szenario heraufbeschwor, dass ohne Krankenhausreform in den nächsten Jahren Hunderte Kliniken insolvent gehen werden. Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi (SPD) stellte sich an die Seite seines Parteikollegen Lauterbach und sprach sich für die Verabschiedung der Reform aus. Er zeigte sich „optimistisch“, dass das vom BMG zur Verfügung gestellte Auswertungstool eine flächendeckend und qualitativ hochwertige Versorgung auf der Grundlage der zukünftigen Leistungsgruppen in Niedersachsen aufrechterhalten zu können. Weiter wies er darauf hin, dass Niedersachsen „bereits im letzten Jahr eine Projektgruppe eingesetzt habe, die mit Hochdruck an den konkreten Umsetzungsschritten zur Krankenhausreform arbeitet. Die Ergebnisse einer Auswirkungsanalyse wolle er in der kommenden Woche in einer Sitzung des Sozialausschusses vorstellen, berichtet die dpa.

KHVVG ist machbar

Kma hat exklusiv mit dem Vorsitzenden des Verbandes der Uniklinika Deutschlands (VUD), Prof. Jens Scholz, zur Thematik gesprochen, der die formalen Kriterien betonte, die es auch noch zu beachten gilt: „Wenn das Gesetz in den Vermittlungsausschuss geht und dort Änderungen vereinbart werden, müsste es noch einmal in den Bundestag. Dieser wird dann aber nach dem Bruch der Koalition nicht mehr beschlussfähig sein oder vielleicht bereits aufgelöst. Der 22. November ist die letzte Chance, wenn der politische Wille vorhanden ist, das Gesetz noch durchzubringen.“ 

Der 22. November ist die letzte Chance, wenn der politische Wille vorhanden ist, das Gesetz noch durchzubringen. 

Der VUD forderte daher: „Die Krankenhausreform muss kommen. Nach Jahren intensivster Debatten stehen wir vor der großen Chance, eine große Krankenhausreform umsetzen zu können. Die Universitätsklinika haben immer klargemacht, dass diese Reform dringend notwendig ist.“ Prof. Scholz warnte, dass – komme die Reform nicht – die Situation der Krankenhäuser noch schwieriger werde.

Es gehe jetzt für die Länder darum abzuwägen, die zusätzlichen finanziellen Mittel, die im Topf sind, für die Krankenhäuser zu nutzen und so, wo notwendig, unstrukturierte Insolvenzen abzuwenden. Er appellierte auf dem Deutschen Pflegetag daher dafür, dass die Länder diese Chance nutzen und die Reform, die dringend benötigt wird, nicht weiter aufhalten und diese im Bundesrat verabschieden.

Die mit den KHVVG verbundenen Gelder könnten für das ein oder andere unschlüssige Bundesland eventuell noch eine Entscheidungshilfe sein.

DKG plädiert für Vermittlungsausschuss

Das sieht die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) anders und setzt weiter auf den Vermittlungsausschuss. „Niemand kann heute sagen, wer nach einer Neuwahl das Gesundheitsressort führt und ob es dann zu schnellen, notwendigen Korrekturen käme“, argumentiert DKG-Chef Dr. Gerald Gaß. Ob ein Nachjustieren im Vermittlungsausschuss die Reform zu einem glücklichen Ende führen wird, bleibt jedoch ungewiss. Zu unsicher ist die gesamtpolitische Gemengelage derzeit. Experten befürchten, dass das Anrufen des Vermittlungsausschusses der Todesstoß für das Reformvorhaben sei, das dringend gebraucht wird. Das Gesundheitswesen schaut daher mit Spannung auf den 22. November 2024 und die Diskussion im Bundesrat.

Quelle: Alexandra Heeser (Freie Journalistin) 2024. Thieme

Ein Klinikum soll so zugänglich sein wie möglich. Diesen Umstand machten sich mehrere Diebe in München jetzt zu Nutze und entwendeten teure medizinische Geräte aus einem Krankenhaus.

Vermutlich über die Notaufnahme verschafften sich zwischen dem 20. und 21 Juli Personen Zugang zum Harlachinger Krankenhaus in München. Die Unbekannten stahlen dabei medizinische Geräte im Wert von rund 400 000 Euro.

Die Polizei geht nach ersten Erkenntnissen davon aus, dass die Täter die Klinik durch die Notaufnahme betraten und von dort in die Untersuchungsräume weiterzogen. Dort nahmen sie den Angaben zufolge unter anderem endoskopische Geräte mit.

Wie es ihnen gelang, diese unbemerkt aus dem Krankenhaus zu befördern, war am 24. Juli zunächst unklar. Die Polizei ermittelt. 

Quelle: dpa/hnle