Bilanz einer Insolvenz – Regiomed ist Geschichte – was nun, Herr Musick?

Die Insolvenz ist durch – und Michael Musick um viele spezielle Erfahrungen reicher. kma hat er erzĂ€hlt, wie er das Ende des komplexen Regiomed-Verbundes erlebt hat. FĂŒr seine Zukunft und die Klinikwelt schmiedet er jetzt konkrete PlĂ€ne.

Wie bremst jemand sein Leben nach 14 Vollgas-Monaten am vernĂŒnftigsten wieder ab? Wie gelingt die kluge RĂŒckkehr in einen Normalmodus? Michael Musick testet das gerade. Er will langsam gleiten. Erst einmal hatte er zwei Wochen Urlaub, den ersten richtigen seit August 2023. Jetzt folgen noch ein paar Drei-Tage-Wochen fĂŒr die geordnete und saubere Übergabe, und Ende des Jahres ist fĂŒr ihn, den bisherigen GeschĂ€ftsfĂŒhrer, dann endgĂŒltig und wirklich Schluss bei Regiomed in Coburg.

Der 45-JĂ€hrige hat eine der wohl komplexesten Krankenhaus-Insolvenzen ĂŒberhaupt hinter sich. Ein gewaltiges Projekt fĂŒr ihn und das gesamte Team. Musick hat durchgezogen, was er ganz zu Anfang versprochen hatte – den bayerisch-thĂŒringischen Klinikverbund durch die Krise zu fĂŒhren und die Insolvenz bis zum Ende zu begleiten.

KĂŒndigungen „im Null-Komma-Bereich“

Mit einer gewaltigen Mannschaft aus Beratern, Restrukturierungs-, Sanierungs- und Kommunikationsexperten, internen FĂŒhrungskrĂ€ften und Mitarbeitern, dem GeneralhandlungsbevollmĂ€chtigten Dr. Rainer Eckert und Sachwalter Dr. Hubert Ampferl hat Musick viel geschafft. Er ist mit sich selbst im Reinen, und entsprechend selbstbewusst tritt er auf. Viele seien der Meinung gewesen, dass, wenn er hingeschmissen hĂ€tte, der Tanker gesunken wĂ€re, sagt er. Das habe ihn motiviert, fĂŒr Patienten, Bewohner und BeschĂ€ftigte unbedingt eine Lösung finden zu wollen. Viele dankten ihm das jetzt.

Am Ende des im Januar 2024 begonnenen Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung sind Investoren fĂŒr alle Regiomed-Einrichtungen und -Beteiligungen gefunden. Damit sei die Gesundheits- und Bewohnerversorgung in der Region gesichert, und es gebe eine Zukunft fĂŒr die ArbeitsplĂ€tze, betont Musick. Die Zahl der insolvenzbedingten KĂŒndigungen liege „im Null-Komma-Bereich“, um den neuen Stellenplan zu erfĂŒllen, sei vor allem die natĂŒrliche Fluktuation genutzt worden: „Wenn jemand gegangen ist, wurde einer Nachbesetzung sehr kontrolliert der Riegel vorgeschoben und nur an zwingend notwendigen Stellen nachbesetzt.“

 

Consilium Rechtskommunikation

FĂŒr alle ehemaligen Regiomed-Einrichtungen und -Beteiligungen wurden Investoren gefunden.

Wem gehört jetzt was von Regiomed?

Das Klinikum Coburg war das grĂ¶ĂŸte Haus im Regiomed-Verbund.

Der kommunale Gesundheitsverbund Regiomed wurde im Jahr 2008 gegrĂŒndet und hatte mehr als 5000 BeschĂ€ftigte. Die ThĂŒringer Landkreise Hildburghausen und Sonneberg sowie auf bayerischer Seite der Landkreis Lichtenfels und der Krankenhausverband Coburg aus Stadt und Landkreis Coburg waren die Gesellschafter.

Die Akutkliniken in Coburg, Lichtenfels und Neustadt samt MVZs gehören jetzt zu Sana und firmieren als Sana Kliniken Oberfranken. Der Konzern hat zudem die Zentralverwaltung, die Medical School sowie Teile der Servicegesellschaft ĂŒbernommen.

Die Medinos Kliniken Sonneberg und Neuhaus samt MVZs gehören dem Landkreis Sonneberg.

Das Klinikum Hildburghausen mit MVZ sowie die Rehaklinik Masserberg sind auf den dortigen Landkreis ĂŒbergegangen.

Die AWO ist neuer TrĂ€ger von drei Seniorenzentren und zwei Wohnheimen fĂŒr psychisch Kranke und seelisch Behinderte, und der bodengebundene Rettungsdienst in SĂŒdthĂŒringen wird vom ASB betrieben.

Insgesamt liegen zehn einzelne Insolvenzverfahren in sechs Regiomed-GeschĂ€ftsbereichen mit jetzt fĂŒnf neuen Investoren hinter ihm. Hier ging es nicht darum, ein typisches Krankenhaus zu ĂŒbernehmen. Die Sache war weit grĂ¶ĂŸer. Und er hat die allermeisten seiner Ziele erreicht. 

Wie teile ich denn einen Budgetverhandler auf fĂŒnf Investoren auf? 

Am schwierigsten sei es gewesen, den Regiomed-Konzern mit seinen komplexen gesellschaftsrechtlichen Strukturen und der weit gediehenen Zentralisierung bewusst wieder zu zerlegen, erklĂ€rt Musick. Administration und Servicebereiche waren eigenstĂ€ndige GmbHs, auch die Zentralverwaltung war stark konsolidiert – um den Konzerneffekt zu heben. Das sei eine „enorme Herausforderung“ gewesen, sagt Musick: „Wie teile ich denn zum Beispiel einen Budgetverhandler am Ende auf fĂŒnf Investoren auf?“

Auch jede Einrichtung war stark zentralisiert im Konzern eingebunden, hatte administrativ lediglich noch einen Krankenhausdirektor und ein Sekretariat – „war eigenstĂ€ndig also nicht funktionsfĂ€hig“. Diese Eigenheit habe mit den diversen Investoren erst einmal Zug um Zug herausgearbeitet werden mĂŒssen, erinnert er sich. Teilbereiche mussten so herausgeschnitzt werden, dass zukĂŒnftige KĂ€ufer eine funktionsfĂ€hige Einheit ĂŒbernehmen konnten.

„In dem Verfahren haben wir die KomplexitĂ€tsformel von Regiomed mit 40 Tarifen beziehungsweise Tarifvarianten, 20 Altersvorsorgemodellen in 17 GmbHs noch komplexer gemacht“, beschreibt Musick. Dabei war er der zentrale Koordinator – und musste Strukturen zerlegen, die er seit seinem Start bei Regiomed vor mittlerweile fĂŒnf Jahren eigentlich ganz gezielt mit aufgebaut hatte. Das fiel schwer, da „so ein Gesundheitsverbund doch die Lösung fĂŒr die Gesundheitsversorgung der Zukunft ist“, wie er sagt.

Bis kurz vor Weihnachten 2023 war fĂŒr die wirtschaftliche Neuausrichtung des Verbundes alles schon bis ins Detail geplant – was dann durch eine Gremienentscheidung ĂŒberraschend aber doch nicht umgesetzt werden konnte. Statt dass alle an Regiomed beteiligten Kommunen die finanziell angeschlagenen KrankenhĂ€user und weitere Gesundheitseinrichtungen mit der zentralen Gesundheitsholding sowie den Service-Bereichen und der Medical School in Coburg in ihrem jeweiligen Gebiet wieder ĂŒbernahmen, begann danach das Insolvenzverfahren.

Zwar entspricht das, was nun herausgekommen ist, nahezu dem, was er 2023 geplant hatte – denn fĂŒr die thĂŒringischen Einrichtungen wird es diverse ManagementvertrĂ€ge mit Sana geben – nur kann Musick seine Ideen jetzt nicht mehr selbst umsetzen.

Sein Regionalversorgungskonzept ist jetzt zergliedert

Das ist das, was er in dem krĂ€ftezehrenden Verfahren nicht geschafft hat. Sein großes Regionalversorgungskonzept, an dem er gearbeitet hat, ist jetzt zergliedert. „Es kann noch zusammengebaut werden“, sagt er, „aber nicht mehr durch mich.“ Das war sein Wunsch, dieses zusammenhĂ€ngende Medizinkonzept investorenunabhĂ€ngig abzuliefern. Im Konzern hat er die ZahnrĂ€der ĂŒber die Jahre ineinandergreifen lassen – bei fĂŒnf Investoren hat er das nicht mehr geschafft. Er musste lernen, ihre Entscheidungen zu akzeptieren, auch wenn er sie anders getroffen hĂ€tte.

FĂŒr die KrankenhĂ€user und die weiteren medizinisch-pflegerischen Einrichtungen in den Landkreisen Hildburghausen und Sonneberg komme es jetzt auf kluge Strategien an, sagt Musick: „Das eigenstĂ€ndige Überleben ohne Kooperationspartner wird auf Dauer nicht funktionieren.“ Stattdessen mĂŒssten die Landkreise trĂ€gerunabhĂ€ngig denken, entweder mit Sana als gewissermaßen „Bestands-Kooperationspartner“ oder mit anderen Playern in der Region.

Dabei gelte es auch, in Leistungsgruppen zu planen und jeweils den passenden Partner zu wĂ€hlen: „Wenn die Kreise sich isolieren und es ‚stand-alone‘ versuchen, wird es in zwei bis vier Jahren zu Problemen kommen, weil die Bedingungen der Krankenhausreform nicht zu erfĂŒllen sind.“

WĂ€hrend der vergangenen Monate haben ihn vor allem „die tausend Kleinigkeiten“ auf Trab gehalten. „Die Menge ist unschlagbar“, betont Musick, „genau wie die Unterschiedlichkeit der Themen.“ Oft gab es vermeintlich Unlösbares, und eine Episode hat einen besonderen Eindruck hinterlassen – gleich zu Beginn des Verfahrens, als Regiomed unter anderem die Konten gesperrt wurden. 

Die Menge der Kleinigkeiten ist unschlagbar. 

Da waren aufgrund der Policy des Dienstleisters von einem Tag auf den anderen auch alle Tankkarten gesperrt. Die Regularien ließen die Versorgung eines insolventen Unternehmens nicht zu. Nur hatte Regiomed eben auch einen eigenen Rettungsdienst, der darauf angewiesen war. Deshalb rief Musick am Abend kurzerhand einen Bankvorstand an, fragte, wie viel Geld auf dem Regiomed-Konto und in seinem Tresor sei, und holte am nĂ€chsten Morgen 25 000 Euro in bar ab, um sie dann an die Fahrer der Rettungswagen zu verteilen, damit die weiter tanken konnten. „Der erste Wagen stand damals auch wirklich schon an der ZapfsĂ€ule“, erinnert er sich.

Das seien typische Ad-hoc-ÜberbrĂŒckungssituationen, die gestemmt werden mĂŒssen, sagt Musick. „Solche Situationen können Sie nicht durchdenken – die mĂŒssen von jetzt auf sofort bearbeitet werden.“ Dann schnell Lösungen zu finden, ist sein Ding.

Lieferanten-Listen mit mehr als 6000 EmpfÀngern

Es gab auch Listen mit Lieferanten und Dienstleistern, die mehr als 6000 EmpfĂ€nger hatten – es dauerte Tage, sie auf den aktuellen Stand zu bringen, um dann die richtigen Personen informieren zu können. Dieses Stakeholder-Management sei „der absolute Wahnsinn“, sagt Musick. In welcher Reihenfolge wird wer informiert? Wer bekommt zuerst die Videokonferenz? Wann sind BeschĂ€ftigte, Gremien, Medien dran?

DafĂŒr sind teilweise Kommunikationslinien im FĂŒnf-Minuten-Takt entstanden. „Das war eine der spannendsten Zeiten, in der wir das Thema der klaren Kommunikation immer zielgruppenorientiert schaffen mussten.“ Möglichst authentisch sollte diese Kommunikation sein, in hoher KontinuitĂ€t und verlĂ€sslich, zum Beispiel mit regelmĂ€ĂŸigen Sanierungsnewslettern.

Mindestens ebenso komplex war der Umgang mit den Investoren. Zeitweise gab es zehn bis 15 Termine pro Tag, und jeder Investor verlangte genaue Informationen fĂŒr die eigene Bewertung und strategische Ausrichtung. „GefĂŒhlt war das je Investor komplett unterschiedlich“, erklĂ€rt Musick. Das sei die Schwierigkeit gewesen, „ein großes zusammenhĂ€ngendes Konstrukt in diese fĂŒnf Investoren-Scheiben sauber zu zerlegen – wo ja zunĂ€chst noch deutlich mehr Interessenten im Spiel waren“.

Immer wieder mussten Infos neu aufbereitet werden, weil die Interessenten zwischenzeitlich neue Überlegungen anstellten – etwa nur fĂŒr alle MVZ sowie die bayerischen KrankenhĂ€user zu bieten, nicht aber fĂŒr die thĂŒringischen Akutkliniken. „Wir hatten viele Phasen, wo wir gedacht haben, nach der dritten oder fĂŒnften Ehrenrunde sind wir durch, und dann kam ein neuer Sachverhalt dazu, und wir mussten wieder sehr, sehr flexibel oder teils von neuem reagieren“, beschreibt Musick. 

Ich bin Daueroptimist. 

Zudem seien dabei immer wieder auch Vergangenheitsthemen hochgekommen. Alte VertrĂ€ge zum Beispiel, bei denen zunĂ€chst geklĂ€rt werden musste, wie sie im Insolvenzverfahren zu bewerten waren. „Da starten Sie die juristische PrĂŒfung und stellen fest, die VertrĂ€ge ersetzen und ergĂ€nzen sich teilweise, und die Rechtsgrundlage ist nicht klar“, sagt Musick. Dann gehe es plötzlich um etwas, das zehn, 15 oder 20 Jahre zurĂŒckliege.

Hatte er je das GefĂŒhlt, es nicht schaffen zu können? „Ich bin Daueroptimist“, sagt Musick, „und lösungsorientiert.“ GefĂŒhlt sei er in der fĂŒr alle im Team extremen Situation nicht selten der psychologische Betreuer und Motivator gewesen. Insolvenz hĂ€tten sie bei Regiomed ja auch erst einmal lernen mĂŒssen. Deshalb habe er es sich verboten, als GeschĂ€ftsfĂŒhrer unruhig oder unklar zu wirken. FĂŒr ihn sei es elementar gewesen, „die Ruhe in der Krisenzeit klar auszustrahlen“. Was nicht immer einfach war, schiebt er nach. 

Als Überbringer der Botschaft sind Sie ‚automatisch‘ der Schuldige. 

Als „immer offen, ehrlich, transparent und klar“ beschreibt er sich. Es gab viele Mitarbeiterfragen, auch Aggressionen – fĂŒr ihn war es „definitiv eine Gradwanderung“, sagt Musick: „Probleme entstehen auch, wenn Sie Aufgaben identifizieren und versuchen aufzuklĂ€ren, aber nicht aufklĂ€ren können, da keine WissenstrĂ€ger und Grundlagen mehr da sind, oder wenn Sie Themen auf den Tisch legen, die vor Jahren verursacht wurden. Da sind Sie als Überbringer der Botschaft ‚automatisch‘ der Schuldige.“

 Trotzdem er habe immer eine Open-Door-Policy verfolgt – „man weiß, woran man bei mir ist“. Das habe ihm im Verfahren auch gegenĂŒber Dritten extrem geholfen. So sei der Betrieb fĂŒr Patienten und Bewohner oft auch ohne konkrete VertrĂ€ge, aber mit gegenseitigem stillschweigendem Abkommen sichergestellt worden. „Ohne diese vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Partnern wĂ€re viel nicht möglich gewesen“, sagt Musick: „Sie mĂŒssen in der Insolvenz sehr klar kommunizieren – wenn Sie anfangen, es blumig zu reden, kommen Sie nicht durch.“

So sei es auch gelungen, mit einigen Dienstleistern wichtige Krisenpartnerschaften zu schmieden. „Viele haben mit Blick auf das, was durch die Krankenhausreform in den nĂ€chsten Jahren zu erwarten ist, begonnen umzudenken“, sagt Musick und ergĂ€nzt: „In der Krise lernt man wahre Freunde kennen.“

Teilweise wurde er auch rĂŒder angegangen

In den vier Regiomed-Landkreisen ist er bekannt, durch das Insolvenzverfahren war er omniprĂ€sent. In Ruhe einzukaufen oder zu tanken, ging vorher schon kaum und nach der Insolvenzeröffnung gar nicht mehr. Teilweise wurde er dabei auch rĂŒder angegangen. „Alle Blicke sind auf einen gerichtet“, sagt er. Zu jeder Tages- und Nachtzeit sei er angesprochen worden – „und eben nicht nur freudestrahlend“.

Auch damit musste er umgehen, es aushalten – wobei es bei dem einen oder anderen durchaus „ein stĂŒckweit beleidigend“ wurde und er „enorme Zukunftssorgen oder Frust einfach mal komplett abbekommen“ hat. Doch habe er nachvollziehen können, „dass diese Sorgen und Ängste bei den Beteiligten gegeben sind und jeder damit anders umgeht“.

Aufgetankt hat er vor allem durch den Sport. „Sport ist mein Grundsatzausgleich“, erklĂ€rt Musick, der von sich selbst sagt, „ziemlich krisensicher“ zu sein. Er hat das komplette Fitnessprogramm rauf und runter absolviert – im Sommer mehr Rennradfahren und Laufen, im Winter eher Eigenkörpergewicht-Training – immer der Belastung angepasst, um den Körper in einer extrem stressigen Situation nicht auch noch im Sport zu stressen. „Auf den Körper zu hören ist elementar“, betont er.

Zeit fĂŒr Entscheidungen

Im Verfahren hat er sich oft gewĂŒnscht, dass er wesentlich besser und strategischer hĂ€tte investieren können. Digitalisierungs- und Automatisierungskonzepte etwa hĂ€tten deutlich mehr Ressourcen freigesetzt, ist er ĂŒberzeugt. Sie umzusetzen, war aber nicht möglich, weil dadurch die Insolvenzmasse geschmĂ€lert worden wĂ€re und solche Projekte parallel noch eine Zusatzbelastung bedeuten.

Auch deshalb plĂ€diert er fĂŒr Insolvenz-PrĂ€vention und appelliert an seine GeschĂ€ftsfĂŒhrungs-Kollegen: „Packt an, rĂ€umt auf, strukturiert durch und schafft dadurch die Möglichkeit, Konzepte, die bei den meisten ohnehin schon auf dem Tisch liegen und Investitionen bedingen, klar durchzuziehen.“ ZunĂ€chst die Reform abzuwarten, hĂ€lt er fĂŒr falsch.

FĂŒr ihn ist jetzt die Zeit fĂŒr Entscheidungen – Prozesse und Strukturen anpassen, Digitalisierung und Telemedizin umsetzen und große Regionalversorgungskonzepte denken. Dazu gehöre die Suche nach trĂ€gerunabhĂ€ngigen Kooperationspartnern in allen Sektoren, samt „Leistungsgruppen-Tetris“ oder „Tausch Ă  la Monopoly“, wie Musick es nennt: „Biete Thorax-Chirurgie – suche Onkologie.“

Das Verfahren hat ihn wertvoller gemacht

Das wird sicher auch ihn in seiner nĂ€chsten Aufgabe beschĂ€ftigen, denn mittlerweile sondiert er seine berufliche Zukunft. Konkretes gebe es noch nicht, sagt er, aber im Gesundheitswesen werde er in jedem Fall bleiben. Er habe Angebote, sei in GesprĂ€chen. Wann es konkret wird – „da bin ich ergebnisoffen“. Er will lieber richtig wĂ€hlen. Es soll fĂŒr die nĂ€chsten Jahre wieder eine Herausforderung sein, und es soll sich richtig anfĂŒhlen.

Restrukturierung, Neuausrichtung werden sicher ein Teil des Neuen sein, aber er brauche vor allem auch Visionen und Strategien, sagt er – und er mĂŒsse etwas bewegen können. Das Regiomed-Verfahren hat ihn dafĂŒr noch einmal deutlich vielseitiger und damit wertvoller gemacht. Er kann die Welten aus Beratung, Transformation, Digitalisierung, Medizintechnologiemanagement und Patientenprozessen verbinden, hat einen Maximalversorger restrukturiert und vorher in Augsburg ein Uniklinikum mit aufgebaut. Das macht ihn fĂŒr Investoren interessant, fĂŒr M&A-Berater, fĂŒr Beratungsunternehmen oder auch große Kliniken und -ketten.

Musick wĂŒnscht sich viele neue Regiomeds in Deutschland

Ginge es nach ihm, wĂŒrde er ĂŒberall noch einmal Regiomed aufbauen, kleiner oder grĂ¶ĂŸer – „um dann Deutschland zu vernetzen“, sagt er: „Es muss von unten raus wachsen.“ Etwas von oben zu 100 Prozent aufzuoktroyieren, werde nicht funktionieren. Es brauche einen Standard, aber dann regional individuelle Versorgungskonzepte mit Schwerpunktbildung und immer verbunden mit mehreren oder einem großen Player.

Er kann sich auch vorstellen, mit allem, was er in 25 Jahren gelernt hat, samt KI- und Automatisierungsprozessen, ein eigenes Unternehmen hochzuziehen. Musick ist ĂŒberzeugt davon, dass jetzt die Zeit ist, gesundheitsunternehmerisch Lösungen zu finden und ganzheitliche Versorgungskonzepte aufzusetzen. Es brauche den Mut zu zeigen, dass man konsolidieren und Neues starten kann. Er will es versuchen und andere mitreißen. „Es gibt extrem viele motivierte Mitarbeiter, die momentan im System stecken bleiben und Zug um Zug die Motivation verlieren“, sagt er.

Am liebsten wĂŒrde er „Regiomed 2“ als Blueprint kreieren und beweisen, dass es funktionieren kann, die gesamte Versorgungskette in einem Unternehmen oder in Kooperationen abzubilden – allein oder mit einem etablierten TrĂ€ger. „Und dann kann es jeder gerne kopieren.“ 

Wenn es die Chance geben wĂŒrde, springe ich sofort rein. 

Dabei scheut er sich nicht, groß zu denken. Warum nicht in Berlin die CharitĂ© und Vivantes konsolidieren und als einen Gesundheitskonzern Berlin vereinen? „Da steckt so viel Potenzial drin in Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsprozessen, dass man richtig schön die Gesundheitsstadt Berlin bauen, aber auch die Forschung, Lehre und Krankenversorgung optimal berĂŒcksichtigen könnte“, sagt er. Und dann ließen sich mit den vielen anderen TrĂ€gern in der Stadt gemeinsam die Leistungsgruppen sortieren – „kooperativ statt konfrontativ muss die Devise lauten“.

Das wĂ€re ein Megaprojekt – aber je komplexer und anspruchsvoller, desto mehr interessiert es ihn. So trĂ€umt er es gerne. Wenn es am Ende ein realistischeres, kleineres Projekt wird – auch gut. Er möchte einfach nur zeigen, dass man es tun kann, und ist selbst gespannt, welche Rolle er kĂŒnftig spielt. „Wenn es die Chance geben wĂŒrde, springe ich sofort rein“, sagt er. Und wenn einer zu ihm sagt, „das ist nicht lösbar“, dann reizt es ihn erst recht.

Quelle: Jens Kohrs (Freier Journalist) 2024. Thieme

 

Ein Klinikum soll so zugĂ€nglich sein wie möglich. Diesen Umstand machten sich mehrere Diebe in MĂŒnchen jetzt zu Nutze und entwendeten teure medizinische GerĂ€te aus einem Krankenhaus.

Vermutlich ĂŒber die Notaufnahme verschafften sich zwischen dem 20. und 21 Juli Personen Zugang zum Harlachinger Krankenhaus in MĂŒnchen. Die Unbekannten stahlen dabei medizinische GerĂ€te im Wert von rund 400 000 Euro.

Die Polizei geht nach ersten Erkenntnissen davon aus, dass die TÀter die Klinik durch die Notaufnahme betraten und von dort in die UntersuchungsrÀume weiterzogen. Dort nahmen sie den Angaben zufolge unter anderem endoskopische GerÀte mit.

Wie es ihnen gelang, diese unbemerkt aus dem Krankenhaus zu befördern, war am 24. Juli zunÀchst unklar. Die Polizei ermittelt. 

Quelle: dpa/hnle