Das Bundeskartellamt untersagt dem Uniklinikum Heidelberg, die Mehrheit am Uniklinikum Mannheim zu erwerben. Die Beteiligten akzeptieren das nicht und setzen jetzt alle Hoffnung auf Robert Habeck. „Ministererlaubnis“ heißt das Zauberwort.
Das Universitätsklinikum Mannheim macht jährlich massive Verluste.
Die Entscheidung aus Bonn ist eindeutig: Das Bundeskartellamt hat einen Verbund zwischen den Universitätsklinika Heidelberg (UKHD) und Mannheim (UMM) untersagt. Die Bonner Behörde kam nach einem monatelangen Prüfverfahren zu dem Schluss, dass die zu erwartende Nachteile vor allem aufseiten von Patientinnen und Patienten die möglichen Vorteile überwiegen.
Das Land Baden-Württemberg will nun beim von Minister Robert Habeck (Grüne) geführten Bundeswirtschaftsministerium eine sogenannte Ministererlaubnis beantragen. Dadurch sollen bei der Entscheidung über den Verbund neben der Marktbeherrschung auch Aspekte wie die Notwendigkeit, Gesundheitsversorgung, Spitzenforschung oder dringend benötigte Medizinstudienplätze berücksichtigt werden.
Diese Entscheidung ist eine Zwischenetappe im Prozess.
Für die Beteiligten aus Land, Stadt, Universität und Universitätsklinika sei die Entscheidung in Bonn eine Zwischenetappe im Prozess, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Für diesen Fall sehe das Kartellrecht ausdrücklich die Option vor, beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz einen Antrag auf Ministererlaubnis zu stellen.
Aktuell treffe das Land alle Vorkehrungen, einen solchen Antrag zügig einzureichen. Es handele sich dabei um ein formal geregeltes Prüfungsverfahren, das vom Bundeswirtschaftsministerium neu aufgesetzt werde. Dem Verfahren liege eine umfassende Prüfung der gesamtwirtschaftlichen Aspekte und des Gemeinwohlinteresses zugrunde. Gegen die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamts könne zudem innerhalb eines Monats Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt werden. Entsprechende Schritte würden geprüft, so das Ministerium.
Die Stadt Mannheim und das Land streben einen Verbund der Häuser an, um den hochdefizitären Standort Mannheim zu erhalten – und ein „europäisches Leuchtturmprojekt der Medizin“ zu schaffen, wie Mannheims Ex-Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) im vergangenen Jahr formulierte. Das Land ist Träger des Standortes Heidelberg, die Stadt Mannheim Trägerin der örtlichen Universitätsklinik.
Land will Ministererlaubnis beantragen
„Wir sind nach wie vor von der Notwendigkeit und Bedeutung des von allen Beteiligten gewollten Zusammenschlusses überzeugt – aus wirtschaftlicher und medizinisch-strategischer Sicht und ganz besonders aufgrund der gesellschaftlichen Verantwortung für die bestmögliche Versorgung von Patientinnen und Patienten“, erklärte Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne).
Das Kartellrecht sei nicht darauf ausgelegt, die Besonderheiten und Herausforderungen eines Zusammenschlusses zweier so großer Universitätsklinika zu berücksichtigen und dabei zu bedenken, dass im Falle einer Untersagung medizinische Spitzenforschung, eine hochkarätige Patientenversorgung und rund 270 Medizinstudienplätze verloren gehen könnten.
Ministererlaubnis
Wird ein Zusammenschluss zweier Unternehmen durch das Bundeskartellamt untersagt, so können diese nach § 42 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz eine sogenannte Ministererlaubnis beantragen. Die Erlaubnis zu dem vom Bundeskartellamt untersagten Zusammenschluss wird erteilt, wenn im Einzelfall die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen wird oder der Zusammenschluss durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. Über den Antrag wird in der Regel im Zeitraum von vier bis sechs Monaten entschieden.
In dem gewünschten Verbund sollten beide Krankenhäuser auf medizinischer, wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Ebene eng zusammenarbeiten, ohne ihr eigenständiges Profil zu verlieren. Allein in Mannheim gibt es insgesamt 2000 Studienplätze für Humanmedizin. Geplant war, dass das Universitätsklinikum Heidelberg Mehrheitsgesellschafter der Mannheimer Uniklinik wird.
„Wir sind davon überzeugt, dass der Zusammenschluss aus gesellschaftlicher, wissenschaftlicher und medizinischer Sicht sinnvoll und notwendig ist“, betont der neue UKHD-Vorstandschef Prof. Dr. Jürgen Debus: „Im Schulterschluss mit dem Land stellen wir daher den Antrag auf eine Ministererlaubnis. Unser Ziel ist es, gemeinsam die Hochschul- und Spitzenmedizin, die Forschung und Lehre sowie den Gesundheitsstandort Deutschland insgesamt voranzubringen.“
Kartellamt fürchtet Qualitätsschwund
Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, erklärte, die wettbewerblichen Nachteile infolge eines Zusammenschlusses hätten vor allem die Patienten zu tragen, „denn in der Region verbleiben neben den Kliniken der Beteiligten nur wenige vergleichbare und unabhängige Wettbewerber, in manchen medizinischen Fachbereichen fast gar keine“. Gehörten wesentliche Anbieter zum selben Träger, gehe der Qualitätswettbewerb verloren, weil man Abwanderungen zur Konkurrenz nicht mehr im gleichen Maße befürchten muss, argumentiert die Behörde unter anderem.
Andere Formen der Kooperation können ähnlich positive Wirkungen entfalten.
Das Kartellamt hat laut Mundt auch ein Argument der Parteien berücksichtigt, wonach Größe, höhere Fallzahlen und Spezialisierung oft zu besserer Behandlungsqualität führen. „Allerdings gehen wir nicht davon aus, dass zur Verwirklichung dieses Vorteils der Zusammenschluss überhaupt notwendig ist. Andere Formen der Kooperation können ähnlich positive Wirkungen entfalten, ohne gleich den Kliniken ihre Unabhängigkeit zu nehmen.“
Die Behörde hatte im Rahmen des sogenannten Hauptprüfverfahrens das Leistungsspektrum und die Patientenherkunft von mehr als 320 Krankenhäusern in einem Umkreis von rund 150 Kilometern um Heidelberg analysiert sowie 30 Krankenhäuser und 215 niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte in der Region befragt.
Mannheim an der „Grenze der finanziellen Leistungsfähigkeit“
Der angestrebte Verbund ist laut Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) weiterhin der richtige Weg für eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in der gesamten Region Rhein-Neckar. „Ich unterstütze daher den jetzt erforderlichen Weg über einen Antrag beim Bundeswirtschaftsministerium zur Erreichung dieser Ziele“, sagte Lucha
Das Universitätsklinikum in Mannheim fährt hohe Verluste ein – so hoch, dass das Land seit 2021 hohe Beträge zur Unterstützung aufwenden muss. Für 2025 erwartet das Klinikum nach Angaben der Stadt ein Minus von 99 Millionen Euro. „Die Finanzierung eines Supra-Maximalversorgers, der Patientinnen und Patienten nicht nur aus der Region, sondern aus ganz Deutschland mit hochspezialisierten medizinischen Leistungen auf der Basis wissenschaftlicher Exzellenz versorgt, bringt unsere Stadt zunehmend an die Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit“, sagt Oberbürgermeister Christian Specht (CDU).
Die Uniklinik Heidelberg hat nach früheren Angaben fast 2600 Betten sowie gut 86 000 stationäre und mehr als eine Million ambulante Patienten im Jahr. 10 700 Beschäftigte arbeiten für das Haus, in Mannheim sind es rund 4300. Sie behandeln dort nahezu 45 000 Patienten stationär und über 170 000 ambulant.
Quelle: dpa/UKSH/koj
Ein Klinikum soll so zugänglich sein wie möglich. Diesen Umstand machten sich mehrere Diebe in München jetzt zu Nutze und entwendeten teure medizinische Geräte aus einem Krankenhaus.
Vermutlich über die Notaufnahme verschafften sich zwischen dem 20. und 21 Juli Personen Zugang zum Harlachinger Krankenhaus in München. Die Unbekannten stahlen dabei medizinische Geräte im Wert von rund 400 000 Euro.
Die Polizei geht nach ersten Erkenntnissen davon aus, dass die Täter die Klinik durch die Notaufnahme betraten und von dort in die Untersuchungsräume weiterzogen. Dort nahmen sie den Angaben zufolge unter anderem endoskopische Geräte mit.
Wie es ihnen gelang, diese unbemerkt aus dem Krankenhaus zu befördern, war am 24. Juli zunächst unklar. Die Polizei ermittelt.
Quelle: dpa/hnle