In drei Monaten sollen Bürger vor einer Operation die besten Kliniken online auswählen können. Das Gesetz dazu soll am 22. März beschlossen werden. Kurz danach soll nach Plänen von Minister Lauterbach schon die Krankenhausreform folgen.
Patientinnen und Patienten in Deutschland sollen ab 1. Mai vor einer Behandlung das am besten geeignete Krankenhaus online aussuchen können. Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) kündigte am 30. Januar an, dass der entsprechende Klinikatlas dann an den Start gehen solle. Darauf soll die geplante große Krankenhausreform folgen, um die Bund und Länder seit Monaten ringen. „Die Krankenhausreform ist zurück in der Spur“, sagte Lauterbach. Er sei sehr dankbar, dass die unionsgeführten Länder ihre „Blockadehaltung“ aufgegeben haben.
Der Klinikatlas soll bereits zum Start Auskunft darüber geben, wie viel Erfahrung ein Krankenhaus mit bestimmten Eingriffen hat, etwa bei Krebsbehandlungen. Lauterbach zeigte sich zuversichtlich, dass das entsprechende Transparenzgesetz am 22. März im Bundesrat beschlossen werden könne. Zuvor ist das geplante Regelwerk am 21. Februar Gegenstand im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag. Der Bundesrat hatte es Ende 2023 zunächst mehrheitlich abgelehnt.
Krankenhausreform soll im April ins Kabinett
Lauterbach gab bekannt, dass die umfassende Reform am 24. April im Bundeskabinett verabschiedet werden soll. Zuvor solle sie mit den Ländern beraten werden. Die Länder hatten Lauterbach am Vortag in der Gesundheitsministerkonferenz unter Druck gesetzt, den Gesetzentwurf mit Änderungswünschen der Länder schnell auf den Weg zu bringen.
Es ist ganz klar, dass wir ein Überangebot an Kliniken haben.
Die Reform wird nach Prognose Lauterbachs die Krankenhauslandschaft deutlich verändern – manche Kliniken vor allem in westdeutschen Großstädten dürften dann abgebaut werden. „Es ist ganz klar, dass wir ein Überangebot an Kliniken haben“, sagte Lauterbach. In überversorgten Städten seien Belegungen von nur 50 bis 70 Prozent keine Seltenheit. „Das Personal fehlt uns für andere Einrichtungen. Daher haben wir zu viele Kliniken.“ Künftig könnten etwa große Medizinische Versorgungszentren (MVZ) an die Stelle von heutigen Kliniken, die nicht mehr gebraucht würden, treten.
Gleichzeitig gebe es unterversorgte Gebiete in ländlichen Regionen – auch durch Zuschläge sollten Kliniken hier am Netz gehalten werden. Auf die Frage, wie viele Kliniken künftig in Deutschland noch gebraucht würden, lehnte Lauterbach eine Antwort als „Spekulation“ ab. Laut Statistischem Bundesamt gab es 2022 noch 1893 Krankenhäuser in Deutschland.
120 Krankenhäuser vor oder in der Insolvenz
Kurzfristig sollen Milliardenhilfen eine Insolvenzwelle bei den unter starkem Finanzdruck stehenden Kliniken abwenden. „Es sind derzeit 120 Krankenhäuser vor oder im Insolvenzverfahren“, sagte Lauterbach. Sechs Milliarden Euro an Liquiditätshilfe sollten mit dem Transparenzgesetz auf den Weg gebracht werden. Darüber hinaus sollten Tarifsteigerungen ausgeglichen werden.
Laut Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) sahen fast 80 Prozent der Kliniken in Deutschland für vergangenes Jahr einem negativen Jahresergebnis entgegen.
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) warf Lauterbach vor, er taktiere lieber als konstruktiv zu verhandeln. So habe er überraschend angekündigt, dass die geplante Krankenhausreform im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig sein solle.
Die gesetzlichen Krankenkassen, deren Ausgaben für Klinikbehandlungen zuletzt auf rund 88 Milliarden Euro im Jahr 2022 gestiegen waren, lehnten mehr Geld für veraltete Strukturen ab. „Wenn es jetzt endlich zügig in Richtung mehr Qualität in der Patientenversorgung und weniger um Finanzwünsche der Kliniken und der Länder geht, dann ist es gut“, sagte ihr Verbandssprecher Florian Lanz.
Quelle: dpa/gnj